Enthusiasmus der Massen versus Zynismus der Führungselite: das Volk nimmt das nicht schweigend hin, doch wie weiter?
(Übersetzung aus dem Russischen)
Aleksandr Buzgalin
Dr. oec. habil., Prof. der Moskauer Staatlichen Universität,
Chefredakteur der Zeitschrift „Alternativy“
Andrej Kolganov
Dr. oec. habil., Leiter des wissenschaftlichen
Laboratoriums der Moskauer Staatlichen Universität
(Analytische Bemerkungen auf den frischen Spuren der Kundgebungen in Russland)
Die heftigen und unerwarteten Aktionen auf den Straßen in ganz Russland, die sich besonders in den Kundgebungen am 10. Dezember auf dem Bolotnaja Platz und am 24. Dezember 2011 auf dem Sacharow-Prospekt in Moskau manifestierten, hat die lange Zeit verschlafen anmutende gesellschaftliche Atmosphäre unseres Landes aufgerüttelt. Die Welt musste mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen, dass das Volk nicht stillschweigt.
Dass wir nicht immer schweigen und auch zu explosiven Aktionen fähig sind, haben die Verfasser dieses Beitrages schon mehrfach festgestellt. Dafür hat die jüngste Vergangenheit genügend Beispiele geliefert. Fangen wir von hinten an: 2005 haben Zehntausende im ganzen Land nicht nur an Kundgebungen teilgenommen, sondern als Zeichen des Protestes zentrale Hauptverkehrsstraßen gesperrt, weil über lange Zeit gewährte Vergünstigungen und Ermäßigungen, an die die Werktätigen gewöhnt waren, in Geld verrechnet werden sollten. Im Herbst 1993 kämpften Hunderttausende gegen die Blockade des Parlamentsgebäudes, des Obersten Sowjets und waren nicht nur bereit, das Weiße Haus zu verteidigen, sondern setzten sich direkt dem Kugelhagel aus. Im Mai und im November 1992 protestierten im ganzen Land fast eine halbe Million Bürger gegen die „Schocktherapie“. Im August 1991 protestierten etwa hundert Tausend gegen das Staatliche Komitee für den Ausnahmezustand…